
Stellungnahme Fanprojekt Stuttgart e.V. zu den geplanten Kürzungen der Stadt Stuttgart im Bereich Kinder, Jugend und Soziales
Die geplanten Kürzungen im Doppelhaushalt 2026/27 gefährden aus Sicht des Fanprojekts Stuttgart zentrale Strukturen der Jugendhilfe und präventiven Sozialarbeit in Stuttgart und stehen im Widerspruch zu den eigenen Zielen der Stadt im Bereich Kinder- und Jugendförderung. Statt kurzfristiger Einsparungen braucht es eine klare Priorität für stabile, verlässliche Finanzierung von Jugendhilfeeinrichtungen.
Ausgangslage in Stuttgart
Der Entwurf des Doppelhaushalts 2026/27 sieht spürbare Einschnitte im sozialen Bereich und insbesondere im Handlungsfeld Kinder, Jugend und Soziales vor, obwohl die Anforderungen an Jugendhilfe, Prävention und Beratung gleichzeitig steigen. Parallel dazu werden weiterhin hohe Investitionen, etwa in Infrastruktur und Prestigeprojekte, diskutiert, was die politische Schwerpunktsetzung zulasten sozialer Angebote deutlich macht.
Die Stadt verweist darauf, dass angesichts eines erheblichen strukturellen Defizits der kommende Haushalt als „Sparhaushalt“ ausgestaltet werden müsse, wobei ausdrücklich auch projektgebundene Jugendhilfeangebote zur Disposition stehen. Damit geraten gerade jene Einrichtungen unter Druck, die mit präventiver Arbeit spätere, wesentlich teurere Problemlagen vermeiden helfen.
Rolle der beiden Fanprojekte
Das Fanprojekt Stuttgart mit seinen beiden Teilprojekten, VfB Fanprojekt und Kickers Fanprojekt, ist ein regelfinanziertes Projekt der Stadt Stuttgart. Beide Fanprojekte arbeiten nach den Qualitätsstandards des Nationalen Konzepts Sport und Sicherheit (NKSS) mit klar sozialpädagogischem Auftrag in der Jugendhilfe. Sie richten sich schwerpunktmäßig an junge Fußballfans, für die das Stadion und das Fandasein ein zentraler Lebensort sind, und verbinden niedrigschwellige Beziehungsarbeit mit konkreter Unterstützung bei Konflikten, Sucht, Gewaltprävention und Teilhabe.
Fanprojekte werden im Rahmen der bundesweit etablierten „Dreier‑“ beziehungsweise Mehrfachfinanzierung gemeinschaftlich von Kommune, Land und Fußballverbänden getragen, wobei eine ausreichende öffentliche Grundfinanzierung Voraussetzung dafür ist, dass Verbandsmittel überhaupt abgerufen werden können. Werden kommunale Mittel reduziert, geschieht diese Reduzierung automatisch auch bei den weiteren Finanzierungspartner*innen – mit unmittelbaren Auswirkungen auf Personalstellen, Öffnungszeiten, Präsenz an Spieltagen und die verlässliche Begleitung besonders vulnerabler junger Fans.
Warum Kürzungen kurzsichtig sind
Einsparungen bei Fanprojekten und anderen Jugendhilfeangeboten treffen in erster Linie junge Menschen, die häufig ohnehin von sozialer Ausgrenzung, Bildungsbenachteiligung, psychischen Belastungen oder Suchtrisiken betroffen sind. Gerade diese Gruppen benötigen stabile Beziehungen, verlässliche Ansprechpartner und kontinuierliche Angebote – Elemente, die bei Projektkürzungen oder Stelleneinsparungen als erstes verloren gehen.
Fanprojekte leisten nachweislich Gewalt‑, Sucht‑ und Konfliktprävention, tragen zur Entschärfung von Risikospielen bei und entlasten Polizei, Ordnungsbehörden und Justiz auf lange Sicht. Wenn heute an präventiven Strukturen wie dem Fanprojekt Stuttgart oder anderen Jugendhilfeeinrichtungen gespart wird, steigen mittelfristig die Kosten für Repression, Hilfesysteme und Schadensbegrenzung – finanziell wie gesellschaftlich.
Falsche Signale an die Zivilgesellschaft
Während im sozialen Bereich massiv gekürzt werden soll, bleiben andere Investitionen – etwa für Bau- und Prestigeprojekte – im Haushalt erhalten oder werden sogar ausgebaut, was aus Sicht der Jugendhilfe ein problematisches Signal an junge Menschen und zivilgesellschaftliche Träger sendet. Es entsteht der Eindruck, dass Orte der Begegnung, Solidarität und Demokratiestärkung nachrangig sind gegenüber Beton, Eventisierung und reiner Infrastrukturpolitik.
Gleichzeitig wirbt die Stadt mit ihrem Engagement für Nachhaltigkeit, Teilhabe und eine lebenswerte, sozial gerechte Stadt, stützt sich dabei auch auf Projekte, in denen Fans, Vereine und Stadtgesellschaft Verantwortung übernehmen und eigene Ressourcen mobilisieren.
Forderungen aus Sicht des Fanprojekts Stuttgart
– Verzicht auf Kürzungen bei der Regelfinanzierung im Handlungsfeld Kinder, Jugend und Soziales.
– Haushaltsklarheit: Sozial‑ und Jugendhilfe – einschließlich Fanprojekte – müssen als Pflichtaufgabe demokratischer Daseinsvorsorge behandelt und nicht als freiwillige Kürzungsmasse gesehen werden.
– Vorrang für Prävention: Jeder Euro, der heute in stabile Beziehungsarbeit mit jungen Menschen investiert wird, spart morgen vielfach höhere Kosten im Bereich Polizei, Justiz, Gesundheit und sozialer Folgehilfen.
– Verlässliche Perspektiven: Langfristige Förderzusagen statt kurzfristiger Projektlogiken, damit Teams planen, Beziehungen aufbauen und innovative Ansätze in der Jugendhilfe weiterentwickeln können.
Aus Sicht des Fanprojekts Stuttgart wäre es politisch wie fachlich ein fatales Signal, ausgerechnet in einer Zeit wachsender gesellschaftlicher Spannungen und Unsicherheiten bei Jugendlichen jene Strukturen zu schwächen, die Brücken bauen, Konflikte entschärfen und Zugehörigkeit ermöglichen. Eine sozial orientierte Haushaltspolitik muss das Handlungsfeld Kinder, Jugend und Soziales als unverzichtbaren Bestandteil betrachten und die Einrichtungen in diesem Bereich entsprechend schützen und stärken, statt an ihnen zu sparen.